Auf dem Weg nach Hause
30. 8. 2022, N 37° 54.3′ E 20° 42.5′, Zakynthos, Agios Nikolaos
Abends um 21:30 haben wir – nach dem der Wind sich etwas beruhigt hat – Zakynthos verlassen und sind ins ionische Meer hinausgesegelt. Auf dem Weg nach Italien hat es keine besonderen Zwischenfälle gegeben, wenn man von einem treibenden Ölfass absieht, das Evelyn während der Nachtwache entdeckt und gekonnt umfahren hat. Die üblichen Flauten und Windwechsel konnten uns nicht davon abhalten, den Großteil der Strecke unter Segeln zu bewältigen. Auf dem Meer dürfen wir wieder einige sensationelle Sonnenauf- und -untergänge genießen.
Wir wollen – so weit es uns möglich ist – möglichst CO₂-neutral reisen, und natürlich auch Kosten sparen. Am 2. 9. 2022 erreichen wir gegen 1:00 Uhr die Südspitze Italiens. Wir haben für also für die ca. 220 nm etwas mehr als 2 Tage benötigt – unter wenig idealen Bedingungen.
2. 9. 2022, 03:00, N 37° 52′ E 15° 59′, Italiens Südspitze
Gegenwind und hohe Welle machen das Vorankommen mühsam. Wir müssen aber weiter, damit wir im Kanal von Messina den richtigen Strom nach Norden erwischen. Im Morgengrauen erhebt sich vor uns der Ätna auf Sizilien.
Es klappt mit dem Timing. Um 10:45 passieren wir den Kreisverkehr Richtung Punta Pezzo. Der Strom beginnt mitzuschieben. Gegen 11:00 passieren wir den Punta Pezzo und sind trotz leichtem Gegenwind mit 8 – 9 kn unterwegs. In der Strasse von Messina herrscht reger Verkehr. Da heißt es aufpassen, nicht zuletzt, weil auch die Strömung teilweise plötzlich die Richtung wechseln kann.
Eine halbe Stunde später laufen wir Richtung NO aus der Straße von Amalfi. Als wir die Segel setzen wollen, fällt uns der Bolzen, der den Mastreiter mit dem Hacken verbindet, heraus und ist nicht mehr zu finden. Wir beschließen, den nahegelegenen Hafen von Gioia Tauro anzulaufen, um das Problem zu beseitigen. Eigentlich ist das ein großer Containerhafen, es gibt aber einen kleinen Jachthafen und einen Port für die Einsatzboote. Wir melden und per Funk bei der Capitaneria di Porto Guardia Costiera an, und dürfen den Transitplatz anlaufen. Die Küstenwache bestellt uns zwecks Kontrolle der Papiere gleich mal ins Büro. Dem Beamten fällt auf, dass unsere Haftpflichtversicherung abgelaufen ist. Die wird zwar jährlich automatisch verlängert, aber auf der Polizze steht noch das alte Datum. Zum Glück kann uns unser Betreuer Herr Christian Frei per E-Mail die fehlenden Dokumente zukommen lassen.
Auf dem Rückweg hält mich noch ein Beamter der Guardia di Finanza an, der ebenfalls einen Blick auf unsere Schiffspapiere werfen will. Wir reden ein bisschen über die Motorisierung des an der Kai liegenden Einsatzbootes, und so wird die Sache in freundlicher Atmosphäre schnell abgewickelt.
Nachdem das erledigt ist, nehmen wir erst mal einen Müllsack, und sammeln den Müll in der Nähe unseres Liegeplatzes ein, und – oh Wunder – das Vorbild macht Schule. Kurze Zeit später sehen wir, wie auch ein paar Fischer, die hier ihre Boote haben, anfangen ein wenig aufzuräumen. Der Hafen ist keine Sehenswürdigkeit, aber so sieht es doch gleich besser aus.
Ich flexe den Bügel, der verhindern soll, dass ein Topf vom Herd rutscht auseinander. Der ist aus Edelstahl und hat zum Glück den gleichen Durchmesser wie der fehlende Bolzen. Ich bohre ein zweites Gewinde in den Mastreiter, damit wir den Bolzen in Zukunft doppelt sichern können, und baue dann alles wieder zusammen. Nach 2 Stunden ist alles erledigt. Wir bleiben aber noch über Nacht – der Liegeplatz ist immerhin gratis!
3. 9. 2022, 09:00, N 38° 26.7′ E 15° 54.4′, Gioia Tauro
Nach dem Auslaufen nutzen wir den Ostwind, um auf Nordkurs der kalabrischen Küste entlangzusegeln. Teilweise kommen wir gut voran. Die Leichtwindphasen nutzen wir für ein Bad im thyrrenischen Meer.
Am nächsten Tag verdunkelt sich der Himmel bedrohlich. Wir sind auf dem Weg nach Amalfi. In der Höhe von Agropoli türmen sich die Wolken und es fängt an zu donnern. Kurze Zeit später segeln wir durch 2 Gewitterfronten mit Starkregen und fürchterlichen Blitzen. Wir haben alle mobilen elektronischen Geräte in der Mikrowelle verstaut, um bei einem Einschlag noch ein Backup zu haben, falls unsere Navigationselektronik ausfallen sollte. Zum Glück kommen wir ohne Schaden davon.
5. 9. 2022, 02:15, N 40° 38′ E 14° 36′, Amalfi
Mitten in der Nacht werfen wir den Anker vor der Stadt. Es ist relativ tief, aber der Anker scheint gut zu halten. Nachdem wir ausgeschlafen haben, gönnen wir uns einen Tag in der Stadt. Wir dürfen für 10 € unser Dinghy an einem Steg festmachen.
Die Location der Amalfiküste ist schon etwas Besonderes. Wie hier die Bewohner schon seit Jahrhunderten die Häuser in die Steilhänge gebaut haben, um jeden verfügbaren Platz zu nutzen, ist bewundernswert. Früher war Amalfi ein wichtiger Hafen und hat viele Seefahrer und Händler angelockt. Dementsprechend vielfältig sind die Baustile und die Kultur. Klimatisch begünstigt durch die warmen Winde aus dem Süden gedeihen ganzjährig Zitrusfrüchte, die nicht nur genutzt werden, um Limoncello und andere lokale Köstlichkeiten herzustellen, sondern auch die Motive der Keramikproduktion maßgeblich beeinflusst haben.
Wir haben den Weg zum Cimitero Monumentale auf uns genommen, um von dort die wunderbare Aussicht über die Bucht und auf unser vor Anker liegendes Boot genießen zu können.
Ein besonderes Erlebnis war der Besuch des Duomo von Amalfi. Der Dom, dessen Grundform schon im Mittelalter errichtet wurde, ist immer wieder erweitert, umgebaut und restauriert worden und spiegelt den vielfältigen Charakter der Gegend wider.
Nach so viel Kultur und Bewegung haben wir uns einen köstlichen Aperol Spritz auf der Piazza verdient!
6.9.2022, 8:30, Amalfi
Es geht weiter. Nach Westen um das Capo die Conca, den Grotten in der Steilküste und Positano vorbei zu den Isolas „Li Galli„. Die größte, dieser Inseln hat – von oben gesehen – die Form eines Delphins. Die Inseln gehören zu einem Naturschutzgebiet und sind in Privatbesitz.
Von hier aus geht es weiter Richtung Capri. Schon von weitem erkennt man die markanten Felsen auf der SW – Seite der Insel. Zwischen den Inseln und Neapel wieder mal reger Verkehr. Die Ausflugs- und Fährboote nehmen wenig Rücksicht auf die Segler, die eigentlich Vorrang hätten …
Wir richten unseren Kurs nach Norden und segeln an Neapel vorbei Richtung der Inseln Ischia und Procida. Steuerboard sieht man den Vesuv aus dem Smog der Stadt Neapel aufsteigen.
Schließlich durchfahren wir den Canale di Procido und haben einen guten Blick auf die hübschen bunten Häuser der Insel Procido, die wir schon vor einigen Jahren besucht haben.
Nach der Durchfahrt geht es wieder etwas ruhiger zu, und wir können den Wind, der aus Südosten weht, gut nutzen. Teilweise segeln wir unter Spinnaker und kommen gut voran.
Auf unserem Weg nach Elba kommen wir an Giglio vorbei, wo vor einigen Jahren das Kreuzfahrschiff gesunken ist. Wir aber haben keine Probleme und genießen entspannte Segeltage, kunstvolle Wolkenbilder und köstliches Essen, wie den Thunfisch-Tartar, das Evelyn aus Teilen unseres letzten Fangs zubereitet.
8.9.2022, 10:30, N 42°43.7′ E 10°22.2′ Elba
In Elba angekommen, ankern wir im Süden in der kleinen Bucht vor dem Strand der Unsterblichen.
In der Nähe findet sich das als Museum ausgewiesene ehemalige Bergwerk. Zum Glück hat sich die Wertschöpfung auf der Insel nachhaltigeren Sparten wie dem Weinbau zugewendet.
Salzburger, die mit einem gemieteten Schlauchboot unterwegs sind, kommen vorbei, und besichtigen unser Boot. Dafür werden wir zum Abendessen ins Hotel eingeladen. Einer der Herren, der selber ab und zu chartert, erzählt uns, dass seine Crew beim letzten Törn in einer Woche ca. 1500 € Diesel verfahren hat. So viel brauchen wir normalerweise in einem Jahr nicht …
9.9.2022, Elba
Die Heimat zieht uns an, wir ankern früh auf und segeln der Ostküste entlang nach Norden. Zwischen Piombino und Elba segelt es sich fast wie auf dem Bodensee. Das ändert sich kurz nachdem wir die Nordecke der Insel hinter uns gelassen haben. Starker Wind aus Westen, der um Sardinien herumgelenkt wurde und ruppige Wellen machen das Segeln zur Qual. Kurz nach Mittag drehen wir um und segeln in den Schutz der Insel zurück. In der „Cala del Telegrafo“ nahe dem Ort Cavo gehen wir vor Anker. Die Aussichten sehen nicht gut aus. Für die kommenden Tage wird sich die Situation kaum ändern.
Wir bleiben also hier und erkunden zu Fuß und mit dem Kanu die Umgebung. Schnorcheln ist hier ein besonderes Erlebnis. Der stark metalldurchsetzte Sand glitzert wundervoll in der Sonne und lässt den Boden wie einen Sternenhimmel aussehen. Abends und morgens ist es jetzt schon recht kühl – da kann man eine Decke vertragen.
Für die Libellen muss gerade Schwarmzeit sein. Sie lassen sich teilweise zu Dutzenden auf unserem Boot nieder.
11.9.2022, 06:30, Elba
Früh morgens geht der Anker hoch. Endlich hat der Wind so nachgelassen, dass man wieder segeln kann. Wir richten den Kurs nach NW und passieren gegen 3:00 nachmittags die Insel Capraia. Vor dem Abendessen gibt es noch ein Bad im Meer.
Gegen Mittag des darauffolgenden Tages erreichen wir Imperia und laufen im Porto Touristico ein. Wir sind in guter Gesellschaft. Wir liegen direkt neben den Superyachten der Reichen und Schönen. Unser Nachbar ist die „My Legacy“ (Meine Erbschaft) – eine bescheidene 56 m Yacht.
Hier werden wir die ARIES für einige Wochen alleine lassen, um unsere Familie und Freunde zu besuchen und wichtige Angelegenheiten zu regeln.
Mehr darüber gibt es im nächsten Blogbeitrag. Wir freuen uns wie immer über eure Kommentare!
2 Comments
Vielen Dank für eure ausführlichen Berichte und wunderschönen Bilder, Evelyn und Roland. Es ist einfach nur bewundernswert, was ihr macht. Weiterhin alles Gute und eine gute Zeit auf eurer Reise.
Wir freuen uns immer über Rückmeldungen. Ganz besonders natürlich über positive.
Einen schönen Herbst im Ländle wünschen euch
Evelyn und Roland