Last but not least …
2. 1. 2024. Unser Besuch der Insel in unserer ersten Karibiksaison 2020 war wegen der durch COVID erlassenen Einreisebeschränkungen gescheitert. Nun wollten wir auch diese Insel endlich doch noch erkunden. Die Weihnachtsfeiertage und den Jahreswechsel haben wir noch auf Martinique genossen. Am 2. Januar heben wir unseren Anker frühmorgens vor St. Pierre und Motorsegeln der Küste entlang nach Norden.
Nachdem wir gegen 8:30 die Abdeckung der Insel hinter uns gelassen haben, geht es bei ca. 15 kn Wind aus Ost gut unter Segeln voran. Im Laufe des Vormittags nimmt der Wind noch deutlich zu und das Segeln wird sportlich, bis wir hinter dem Scotts Head langsam wieder ins Lee der Insel geraten. Wir segeln am kleinen Ort Soufrière vorbei, der seinem Namen mit einer schwefeligen Duftwolke gerecht wird und passieren einen Steinbruch mit einer Verladerampe. Von hier hat man bereits einen Blick auf die Hauptstadt Roseau mit dem Anleger für die großen Kreuzfahrtschiffe. Dort gibt es aber keine guten Ankermöglichkeiten für Yachten, wir haben deshalb entschieden, vor der relativ gut geschützten Küste von Loubiere zu ankern. Den Tipp haben wir aus Navily.
Die Küsten der Insel bestehen zu 89 Prozent aus Steilküsten. Auch unter Wasser geht es meist steil nach unten. Wir müssen deshalb relativ nahe am Ufer ankern, aber wenn der Wind komplett drehen sollte, können wir hier sowieso nicht bleiben. Die Wettervorhersage sieht aber gut aus. Weiter draußen ankert eine „noch etwas größere“ Yacht. Ich rede mit dem Kapitän, ob wir ihm nicht zu nahe sind. Er ankert in mehr als 40 m Tiefe und hat fast 200 m Kette ausgelegt – wir haben nur 90 m!
Der freundliche Skipper erklärt mir, wohin ich zum Einklarieren muss. Ich fahre mit dem Dinghy in den kleinen Fischerhafen beim Kreuzfahrtterminal in Roseau und spaziere zum Büro der „Customs and Immigration“. Der Eingang auf der Rückseite ist gar nicht so leicht zu finden.
Obwohl ich scheinbar in deren Mittagspause platze (es ist erst kurz nach 11 Uhr) sind die Beamten freundlich und erledigen den Papierkram prompt und kostenlos! Den Rest des Tages verbringen wir an Bord, schwimmen und genießen den tollen Sonnenuntergang mit einem Anlegetrunk. Nur eine Wasserschildkröte schaut uns zu.
Am nächsten Tag bringt uns unser Schlauchboot wieder Richtung Roseau. Wir möchten uns die Hauptstadt der Insel ansehen. Am Steg der Fischergenossenschaft dürfen wir anlegen. Das Dinghy scheuert im Schwell am rauhen Betonkai, aber leider gibt es hier nicht viele Alternativen. Wenn man die Mooring Bojen von SeaCat Yacht Services in Anspruch nimmt, darf man an deren Steg anlegen. Dort ist es aber auch nicht viel besser.
Die Fischer haben gerade einen prächtigen Marlin hereingebracht. Mit vereinten Kräften und einer Schubkarre wird der große Fisch zum Zerteilen in den Marktstand gebracht. Wir fragen, ob wir nicht ein paar Filets reservieren und auf dem Rückweg mitnehmen können. Die Fischer sind stolz, weil wir ihren Fang loben, und erfüllen uns unseren Wunsch gerne.
Der am Ufer entlang verlaufenden Hauptstraße folgend, spazieren wir in die Hauptstadt. Es herrscht reges Treiben, aber viele Häuser sind in schlechtem Zustand und scheinbar verlassen. Domenica rangiert auf Platz 4 der Rangliste der Länder mit den höchsten Katastrophenrisiken. 6 aktive Vulkane und die Lage inmitten des Hurrikangürtels machen das Leben auf der Insel nicht einfach. Der Hurrikan Maria hat im Jahr 2017 Schäden in der doppelten Höhe des Vorjahres BIP verursacht.
Auf der anderen Seite sorgen der fruchtbare Boden und die reichen Niederschläge für eine üppige Vielfalt pflanzlichen und tierischen Lebens, die der Insel den Titel „Nature Island“ eingetragen haben. Die bizarren vulkanischen Gegenden im Naturpark „Morne Trois Pitons“ ziehen Wanderer und Entdecker an, die Warmwasserquellen bieten tollen Badespaß und viele Wasserfälle und Flüsse sind Besucherattraktionen, die die Insel für den Tourismus interessant machen. Domenica hat einen internationalen Flughafen, der sowohl von europäischen, als auch von amerikanischen Fluglinien bedient wird. In der Saison legen fast täglich ein oder auch mehrere Kreuzfahrtschiffe an.
Die Stadt ist karibisch bunt und ganz nett, die wahren Sehenswürdigkeiten finden sich aber im Landesinneren.
Auf dem Rückweg von unserem Ausflug gehen wir noch auf einen Drink an Land. Direkt bei unserem Ankerplatz finden wir den netten, kleinen Beachclub / Waterpark von Leon, der uns – obwohl eigentlich nicht geöffnet ist – gerne ein kaltes Bier serviert. Der Wirt und sein Freund Clement aka „Sexy Eyes“ sind überaus freundlich und wir plaudern ein wenig. Leon bietet uns schließlich an, uns in seinem Van am nächsten Tag ein wenig die Insel zu zeigen. Sogar Kate und Douglas, die morgen mit ihrem Boot „Casa Tu“ zu uns stoßen wollen, dürfen mitkommen.
4. 1. 2024. Nach dem Frühstück holen wir Kate und Douglas von ihrem Boot ab und setzen beim Waterpark an Land. Leon lädt uns in seinen Van und los gehts. Unser erstes Ziel ist das Screw’s Sulphur SPA oberhalb von Soufriere. Mr. Screw hat hier wirklich eine tolle Anlage angelegt und begrüßt die Gäste stilgerecht mit Schürze und nacktem Oberkörper. Es gibt eine Menge an Pools mit unterschiedlichen Wassertemperaturen. Wer will, kann sich auch noch mit Schwefelschlamm einschmieren. Das soll gut für die Haut sein.
Nachdem wir uns entspannt haben, geht die Reise locker weiter zu den Trafalgar Falls. Es gibt Dutzende von Wasserfällen auf der Insel, das sind wir aber bei den Imposantesten. Hier gibt es gleich 2 nebeneinander liegende Fälle, die Vater und Mutter genannt werden. Die Wassermassen reichen aus, um auch noch ein Wasserkraftwerk zu betreiben, dessen Druckleitung an der steilen Felswand montiert wurde. Vom Parkplatz ist es eine kurze Wanderung bis zum Aussichtspunkt. Der Weg bis zu den Tosbecken ist dann allerdings nur noch für geübte Bergsteiger mit gutem Schuhwerk zu bewältigen. Ich komme ein Stück weit, finde aber schließlich keinen Weg mehr.
Nach so viel Bewegung an der frischen Luft und den vielen Eindrücken sind wir hungrig. Leon bringt uns nach Roseau zum Restaurant, das seine Familie betreibt. Wir sind schon spät dran, haben aber Glück – es gibt noch was zu essen. Um ein paar EC$ können wir Hunger und Durst stillen, bevor uns Leon nach Loufiere zurückbringt. Ein toller Tag, den wir mit einem Besuch des Reggaekonzerts im Paradies Pier Beachclub beschließen. Ein Set mit 4 DJs performt an den Turntables und Mischpulten. Die Location ist nett und die Getränke kosten fast nichts. Ich unterhalte mich gut mit dem Besitzer der Bar, einem Rasterman, dessen Threads die gleiche Farbe hat wie meine Haare: Grau. Wir finden heraus, dass wir gleich alt sind. 😉
5. 1. 2024. Faulenzen, ein wenig Schwimmen sind angesagt. Nach der Mittagspause fahren mit dem Dhingy zum Champagne Beach zum Schnorcheln. Geothermische Quellen lassen Gasbläschen aufsteigen (daher der Name) und erwärmen das Wasser auf Badewannentemperatur.
Leider hat die Brandung den Sand aufgewirbelt, sodass unter Wasser nicht viel zu sehen ist.
Beim Rückweg haben wir noch einen netten Blick auf das Örtchen Soufriere.
Abends sind wir auf der Casa Tu zum Abendessen eingeladen. Wir haben einen schönen Abend und viel Spaß mit unseren Freunden.
Tags darauf geht es gleich weiter mit Party. Leon hat uns zum BBQ in seinen Waterpark eingeladen. Wir schenken ihm einen Satz Weingläser und ein paar Flaschen Wein, die er gleich in der Bar aufstellt. Der Hausherr grillt höchstpersönlich, seine Familie macht die Salate und Beilagen. Zum Grillfleisch schmeckt das eisgekühlte Carib besonders gut. Danach müssen wir noch einen Verdauungsspaziergang machen, bevor wir aufs Boot zurückfahren.
7. 1. 2024. Wir treffen uns mit Petra und Harald aus Vorarlberg, die – wie der Zufall will – gerade eine Auszeit vom schmuddeligen Winterwetter Österreichs in der Karibik genießen. Wir treffen uns im Cafe Petit Paris. Lange haben wir uns nicht gesehen, da gibt es einiges über die jeweiligen Erfahrungen in der vergangenen Jahren zu erzählen.
8. 1. 2024. Abschied nehmen von neuen Freunden fällt schwer, aber die Entdeckungslust treibt uns an. Wir ankern auf, oder sollte ich lieber sagen, wir wollen aufankern? Wieder mal haben wir Pech: Unser Anker hat sich in einem vollgesogenen, schweren Baumstamm verfangen. Die Kette ist durch die Winddreher hinter der Insel richtiggehend rundumgewickelt. Nur mit Mühe schafft es unsere Ankerwinsch das schwere Teil bis knapp an die Wasseroberfläche hochzuziehen. Mit Flossen und Schnorchel bekomme ich schliesslich die Ankerkette wieder frei und der Stamm sinkt zurück auf den Grund. Kein ganz ungefährlicher Job.
Wir sind frei und segeln der Küste entlang weiter nach Norden. Hinter Roseau haben wir guten Wind und kommen im glatten Wasser flott voran.
Eine Outremer sagt uns das Rennen an. Wir nehmen die Herausforderung an, und können mit unserer ARIES gut mithalten. 8 – 9 kn zeigt das Log, ein toller Segelspaß. Schließlich drehen wir in die Prince Rupert Bay bei Portsmouth ab, während unser „Gegner“ nach Guadeloupe weitersegelt.
Bei der Einfahrt in die Bucht kommen wir an den hoch über dem Strand gelegenen Bungalows des „Secret Bay Hotels“ vorbei. Die Lage und Ausstattung sind toll, aber ein Zimmer kostet hier mehr, als ein Local pro Monat verdient. Ein bisschen weiter hinten im Tal gibt es noch das tolle Hideaway of Tibay Heights.
Die ARIES findet einen guten Ankerplatz in der Nähe des Madiba Beach Cafes.
In der Bucht ankern mehrere eindrucksvolle Segelschiffe vor Fort Shirley. So viele große Segler haben wir noch nie auf in einer Bucht gesehen. Ein 2-, ein 3-, ein 4- und sogar ein 5-Master sind hier!
Das sind Kreuzfahrschiffe, die auch wir gutheißen können. Wenn die Beiboote noch mit elektrischer Energie betrieben würden, wäre das eine perfekte Lösung. Vermutlich sind aber die Kosten für die Kabinen für den Durchschnittsverdiener nicht erschwinglich 🙁
Nach einer kurzen Rast erkunden wir die örtlichen Gegebenheiten zusammen mit den Freunden von der „Casa Tu“. Das kleine Örtchen Portsmouth mit den Vororten Chance, Zicak, Glanvillia und Picard beherbergt etwa 3600 Einwohner und ist hinter der Hauptstadt Roseau die zweitgrößte Ansiedlung auf Dominica. Die Behausungen sind einfach, die Straßen gepflegt. Ein paar kleine Geschäfte bieten die wichtigsten Versorgungsgüter. Was den Einheimischen an Mitteln fehlt, versuchen Sie durch Kreativität und Farbe auszugleichen – typisch karibisch.
Mit Unterstützung einer Organisation aus der Schweiz wurde versucht, eine Mülltrennung zu organisieren – das Projekt scheint allerdings im Sande verlaufen zu sein …
9. 1. 2024. Ich hole Douglas von seinem Boot ab. Zusammen wollen wir den Cabrits Nationalpark und Fort Shirley erkunden. Große Hotels findet man in der Prince Rupert Bay nicht. Ein Projekt in der Nähe des Cabrits Nationalparks wurde wieder aufgegeben und steht leer. Langsam holt sich die Natur die überbauten Flächen zurück …
Am Strand entlang finden sich einige nette Bars und Restaurants, unter anderem der Purple Turtle Beach Club.
Wenn man ein paar Tage auf der Insel bleibt, lohnt sich der Kauf eines Eintrittspasses für alle Nationalparks auf der Insel. Wir machen das so und erkunden anschliessend das nett eingrichtete Museum und das aufwendig restaurierte Fort Shirley, dass auch als Eventlocation genutzt wird.
Natürlich lassen wir es uns nicht nehmen, die höchste Erhebung des Cabrits National Parks zu erklimmen und von dort die Aussicht zu genießen. Der Passat weht ordentlich und zaubert weiße Schaumkronen auf die Wellen der karibischen See.
Zurück auf dem Schiff bläst es immer noch anständig. Wir messen bis über 30 kn am Ankerplatz. Kein Problem für unseren Mantus – Anker im sandigen Grund der Bucht.
Wir haben bei Albert, der uns bereits bei der Ankunft in der Prince Rupert Bay begrüßt hatte, eine „Indian River Tour“ gebucht. Punktlich zur vereinbarten Zeit holt er uns auf unseren Booten ab – die Crew der „Casa Tu“ ist wieder mit dabei.
Bis zur Einfahrt in den Fluß fahren wir unter Motor, durch den Flußlauf rudert uns unser Guide. WIr haben Respekt – Albert hat durch eine Blutvergiftung ein Bein verloren. Trotzdem rudert er uns sicher und kraftvoll den Flußlauf hinauf und erläutert uns nebenbei interessante Fakten über die Insel, ihre Natur und Geschichte.
Die Fahrt durch den Dschungel ist spannend und immer wieder weisst und Albert auf spezielle Pflanzen und Tiere hin.
Dominica war ebenfalls Drehort einiger Szenen für die „Piraten der Karibik“ Filme. Wir kommen am Haus der Vodoo Hexe vorbei. Schlußendlich erreichen wir die Bush Bar – hier ist Endstation für die Boote. Wir laden unsere Guides auf einen Drink ein und erkunden in der Zwischenzeit den weiteren Flußlauf noch etwas zu Fuß.
Es gibt einige ausgewaschene Stellen an denen das Wasser tief genug zum Baden ist. Wir machen aber in der schwülen Luft bald kehrt und nehmen lieber auch einen Drink in der Bar. Die Rumpunches haben es bereits in sich, für ganz Hartgesottene gibt es aber den „Dynamite“. Ein Rum der scheinbar mit Marihuana angesetzt und pur getrunken wird. Gelagert wird er stilgerecht in einem gläsernen Totenschädel.
10. 1. 2024. Zweimal wöchentlich veranstaltet die PAYS – die Portsmouth Assosciation for Yacht Service in ihrer Halle einen Grillabend. Man wählt zwischen Hühnchen und Fisch, und bezahlt 40 EC$ pro Person, Getränke inklusive. Es gibt ausschließlich Rumpunch zu trinken – so viel man will! Das Essen war ausgezeichnet, die Stimmung gut. Wir haben einige Deutsche, Österreicher (Eveline und Michael Pata) und Schweizer getroffen. Endlich mal wieder eine Gelegenheit sich in der Muttersprache zu unterhalten. 😉
Nach dem alle ausgiebig dem Rumpunch zugesprochen hatten, wurde bis spät in die Nacht zur Live Musik getanzt und gefeiert. Über die Folgen am nächsten Morgen wollen wir hier gnädiges Stillschweigen bewahren.
Wir hatten Alberts Freund, der uns bei der Indian River Tour begleitet hat, nach einem Fisch gefragt. Wir haben einen tollen, frisch gefangenen „Red Snapper“ bekommen, den ich gleich ausgenommen und bis zum Abend eingekühlt habe. Abends gab es einen leckeren Grillschmaus, der die Lebensgeister wieder erweckt hat.
14. 1. 2024. Bald kommt eine Gästecrew zu Besuch, die wir in Martinique abholen müssen. Es heißt also Abschied nehmen. Wir ankern – diesmal ohne Probleme – in der Prince Rupert Bay auf, und segeln wieder nach Süden. Der Wind passt und auf unserem Weg begleiten uns Delphine durch das kristallklare Wasser.
Wir machen nochmal einen Stopp in Loubriere um unseren neu gewonnenen Freunden aus Dominica ein paar Sachen dazulassen. Dann geht es weiter nach Martinique.
Unser Resumee: Dominica hat keine perfekte Infrastruktur für Segler, trotzdem – oder vielleicht sogar deshalb ist es einen Besuch wert. Es gibt keinen Massentourismus, die Menschen sind super freundlich und hilfbereit und die Insel selbst hat eine Menge zu bieten.