18.8.2022, 6:30, N 39°00.1′ E 26°32.4′, Lesbos.
Ungern trennen wir uns von unserer liebgewonnenen Ankerbucht, aber wir wollen ja weiter …
Nach einem kurzen Bootscheck geht der Anker auf. Vor uns liegen knapp 100 nm quer durch die Ägäis. Die Sporaden sind unser Ziel. Dort wäre die Insel Panayia unser Favorit gewesen. Statt des prognostizierten Nordwinds mit 13 – 15 kn weht aber ein ausgesprochen böiger NW – Wind mit bis zu 25 kn und entsprechend hohen Wellen. Bei dieser kabeligen See können wir kaum härter als 50° an den Wind gehen, und entschließen uns deshalb nach Skyros zu segeln. Das Segeln ist anstrengend aber es geht voran.
Oft wechseln Windrichtung und -stärke. Ich bin gezwungen, laufend die Segel zu trimmen, Reffs einzubinden oder zu lösen und das Vorsegel in der Größe anzupassen.
Abends bin ich totmüde und Evelyn übernimmt nach dem leckeren Abendessen das Ruder für einige Stunden. Sie hat trotz der unruhigen See Fisch gebraten, ein Kartoffelgratin gebacken und dazu karamellisiertes Obst mit Thymian zubereitet. Im Anschluss backt sie noch einen Apfelkuchen – womit habe ich das nur verdient? 😉
Ich hab wieder Ruderwache ab 22:00 Uhr und bringe uns sicher bis nach Skyros.
19.8.2022, 02:00, N 38°46.5′ E 24° 38.3′ Skyros.
In tiefdunkler Nacht laufen wir um 2:00 morgens in den Ormos Renes. Die Leuchtfeuer zeigen uns den Weg. Ich hatte befürchtet, noch mitten in der Nacht mit Landleine ankern zu müssen, falls die Bucht schon mit anderen Booten belegt wäre. Wir sind aber die Einzigen die hier Schutz suchen. Dementsprechend einfach ist das Ankermanöver, wir lassen ihn einfach mitten in der Bucht in 4m Tiefe fallen und gehen schlafen. Im Gegensatz zu den Dodekanes flaut hier der Wind abends meist ab und die Nacht verläuft super ruhig. Allerdings hat es nach Mitternacht immer noch über 30° und Evelyn kämpft mit Hitzewallungen …
Morgens nehmen wir es gemütlich. Wir schlafen uns aus und nehmen ein Bad. Es scheint, dass auch das Mittelmeer in der westlichen Ägäis wärmer ist als im Osten. Das Wasser hat angenehme 27°. Wir beobachten eine Gruppe von Hirten, die die Schafe und Ziegen am Ufer versorgen.
Von überfüllten Ankerbuchten können wir hier nichts feststellen. Griechenland bietet, wenn man weiß wo man suchen muß, immer noch unberührten Flecken Natur, einsame Buchten und Strände und heile Unterwasserwelt. Wir erleben einen wunderbaren Sonnenaufgang.
Am späten Vormittag geht der Anker auf. Unser „Navi“ leitet uns durch die Bucht von Tristomo zwischen der Insel Skyros und den vorgelagerten Eilanden Sarakino und Plateia durch. In der Ausfahrt aus dem Fjord bemerken wir eine Wasserschildkröte.
Wir wollen weiter nach Norden haben aber Gegenwind. Also ist aufkreuzen angesagt. Wir segeln zuerst nach SW Richtung Vrak Karvouno vor Euböa und dann wieder Richtung NNW zur kleinen Nachbarinsel von Skyros namens Skyropoula. Bei 13-17 kn Wind bleibt das Wasser in der Bucht relativ glatt und wir können mit der ARIES hart am Wind segeln. Bei 40° Windwinkel schauen aber nur 5-6kn Geschwindigkeit heraus. Nachdem wir fast 40 nm gesegelt sind, haben wir gerade mal 14,3 nm in Richtung unseres Ziels zurückgelegt. Dafür haben wir keinen Diesel verbraucht und kein CO² produziert. Die Segelei bei solchen Verhältnissen ist entspannt. Segel rauf und trimmen, Autopilot mit Windwinkel programmieren und dann zuschauen, wie das Schiff fährt. Es ist wenig Verkehr. Seit wir von Lesbos weg sind, haben wir noch kein anderes Boot gesichtet. Wir lesen ein wenig, trinken Kaffee und sogar ein paar Runden Rummykub gehen sich aus.
Auf Skyropoula – der kleinen Schwester von Skyros – erwartet uns ein kleines Träumchen. Die Insel ist dicht mit immergrünem Gebüsch bewachsen, weiße Felsen säumen das Ufer und unser Anker fällt ins türkisblaue Wasser auf weißen Sandgrund. Wir kommen erst gegen 17:00 Uhr an, die Tagesausflügler mit ihren Motorbooten machen sich gerade auf den Heimweg – so gibt es für uns in der schönen Bucht einen guten Ankerplatz in der ersten Reihe. Zur Kontrolle des Ankers schnorchle ich Richtung Ufer und dann gleich weiter. Es gibt viel zu sehen: Seesterne, Seeigel, Korallen, tolle Unterwasserfelsen und natürlich Fische. Ich entdecke sogar einen Feuerfisch. Eine invasive Art, die mit dem Ballastwasser der Tanker aus dem Pazifik eingeschleppt wurde, und die natürliche Unterwasserfauna bedroht. Leider hab ich versäumt meine GoPro richtig zu schließen und mit Meerwasser gefüllt. Das hat sie nicht überstanden. Deshalb keine Bilder. Morgen früh haben wir auch keine Zeit zum Schnorcheln, weil wir den Südwind nutzen wollen, um weiter nach Norden zu kommen. Sehr schade.
20.8.2022, 6:30, N 38°50′ E 24°22′. Skyropoula.
Wir stehen früh auf und starten los. Im Bogen geht’s um den Süden der Insel und dann weiter auf NW-Kurs Richtung der Insel Alonissos. Heute gibt es idealen Wind aus West um direkt dort hinzusegeln. Evelyn wäre zwar lieber direkt nach Skopelos gefahren, dazu hätten wir aber wieder aufkreuzen müssen. Kurz nach Mittag passieren wir die Inselgruppe der Adhelfoi auf N 39°06′ E 23° 58.6′.
Schon am frühen Nachmittag fällt unser Anker in der schönen Bucht von Tzortzi. Vor uns liegt ein feiner Sandstrand und links und rechts säumen rote Felsen das Ufer, das weiter oben in von duftenden Pinien bewaldeten Hügeln übergeht. Es gibt ein paar Häuser und eine kleine Taverne am Ufer. Fred und Lily von der Opua sind auch dort, und wir bringen ihnen eine Schwimmweste aufs Boot, die nicht von der Prüfung zurück war, bevor die beiden von Leros losgesegelt sind. Den Abend verbringen wir gemeinsam in der kleinen Taverne.
21.8.2022, 9:00, N 39°10.1′ E 23°54′, Tzortzi, Insel Alonissos.
Nach dem Frühstück geht der Anker auf und unser Boot fährt Richtung SO aus der Bucht. Danach geht es bis 10:00 weiter Richtung SW der schönen Küste entlang. Nach dem Kap Notos drehen wir Richtung Westen. Wieder einmal gibt es günstigen Wind fast aus Nord. Mit vollem Tuch segeln wir Richtung Skopelos. Hinter der Insel Ay Yeorlylos schon in Sichtweite des Hafens wir es unruhig. Obwohl der Wind nur mit 15kn aus Norden weht, ist im Norden von Skopelos das Wasser unruhig mit hohen kurzen Wellen. Gegen 11:00 laufen wir in den Hafen ein – hier ist es nicht viel besser. Von außen drückt ein Schwell in den Hafen und die ein- und auslaufenden Schiffe und Boote produzieren zusätzliche Wellen. Wir fendern das Boot gut ab, bevor wir ans Ufer gehen um die Stadt mit den malerischen weiß gestrichenen Häusern die sanft den Hang emporsteigen zu erkunden.
Die Strandpromenade bietet viele Einkehrmöglichkeiten und in den kleinen Gassen finden sich nette Boutiquen und kleine Läden die zum stöbern einladen. Über viele Stufen kommt man zur alten venezianischen Festung und der Altstadt mit einem wunderbaren Blick über die Stadt.
Wir nehmen auf den Rückweg noch einen Drink. Das Abendessen bereitet Evelyn auf dem Boot zu.
22.8.2022. 8:00, N 39°7.4′ E 23°43.9′, Skopelos Hafen.
Die Nacht war ungemütlich. Wir verlassen den Hafen und fahren um die Insel in die kleine Marina von Klima Elios bei N 39°08.3′ E 23°38.6′. Wir kriegen gerade noch einen Platz weil eine große Motorjacht ausläuft. Hier fühlen wir uns gleich wohler. Ein netter Badestrand nebenan, und ein gut geschützter ruhiger Hafen mit einem kleinen netten Ort.
Einen 200ccm Roller kann man für 32€ mieten. Auf geht’s zur Erkundungstour. Der Besuch von Skopelos war ein schon lange gehegter Traum Evelyns. Sie liebt die Verfilmung des ABBA Musicals Mama Mia. So wie wir schon in der Karibik Drehorte unserer Lieblingsfilme und -serien besucht haben, wollen wir auch hier die Originalschauplätze besuchen. Die Straßen sind teilweise ganz schön steil, aber unser Roller schafft es uns ans gewünschte Ziel zu bringen.
Die Location der Mama Mia Kapelle, die eigentlich Kapelle Agia Ioannis (der heilige Johannes) heißt, ist wirklich beeindruckend und wirkt grandioser als ich es aus dem Film in Erinnerung hatte. Wir erklimmen die vielen steilen Stufen und bewundern die grandiose Aussicht und den Schatten unter dem Baum im Vorhof. Als Glücksbringer binden wir den Schlüsselanhänger vom Boot an einen Zweig des alten Olivenbaums, so wie viele andere vor uns … Zur Sicherheit zündet Evelyn für unsere Familie und das Boot noch ein paar Kerzen in der Kirche an. Da kann ja nichts mehr schief gehen.
Wir genießen noch ein wenig die Ruhe des Orts bevor wir uns auf den Weg hinunter machen. Auf dem Rückweg drehen wir noch eine Runde und bewundern die netten Buchten und Ankerplätze.
Es bietet sich ein Besuch des Bergdorfs Glossa an. Hier gibt es die nette Espresso & Cocktail Bar P’tharakia mit einer gemütlichen Terrasse. Ein erfrischenden Aperol Spritz und und die wundervolle Aussicht runden den tollen Ausflug ab.
Der Roller bringt uns wieder in den Hafenort zurück. Evelyn findet noch einen „Supermarkt“ in dem wir uns mit frischem Obst verpflegen können. Ein Bad im Paradiso Strand in der nähe des Hafens kühlt ab, so schmeckt das Abendessen am Boot gleich umso mehr. Hier gefällt es uns, die Insel Skopelos und die Sporaden kommen auf die Favoritenliste!
Morgen geht es weiter an Skiathos vorbei Richtung Euböa, und von dort „Quer durch Griechenland“ bis nach Italien …