Ein ungewollter Kontakt mit einem nicht in den Karten verzeichneten Riff auf Canuan beschert uns einen beschädigten Kiel. Jetzt ist es in der Karibik nicht so, dass man mit einem Catamaran wie dem unseren den nächstbesten Hafen anlaufen kann, um die Reparatur durchführen zu lassen. Unser Schiff ist 13,3 m lang, hat eine Breite von 7,4 m und wiegt beladen und betankt ca. 18 Tonnen. Es braucht also entsprechende Einrichtungen, um das Schiff ans Trockene zu bringen. Unter Wasser lässt sich eine Reparatur ja nicht durchführen.
Wir steuern also die nächstgelegene Möglichkeit an, und segeln von Canuan über St. Vincent nach Martinique. Die Werft in Le Marin hat große Portalkräne, die auch noch wesentlich größere Schiffe aus- und einwassern kann. Zwar finden wir dort einen Techniker, der die Polyesterarbeiten kurzfristig übernehmen könnte, leider gibt es aber erst in einem Monat einen freien Termin in der Werft. So lange wollen wir nicht warten! Das freiliegende Polyestergewebe nimmt nämlich – umso länger es ungeschützt im Wasser liegt – Feuchtigkeit auf. Die Trocknung dauert dann umso länger, bevor man mit der Reparatur beginnen kann. Wir telefonieren auf der Suche nach Alternativen herum und werden schließlich auf Guadeloupe fündig. Die Caraibes Docks Services bieten uns einen Termin für den kommenden Montag an. Das passt uns perfekt – so können wir über Wochenende von Martinique nach Guadeloupe segeln. Wir übernachten vor der L’Ilet du Goisier. Am Sonntagabend liegen wir an der Mooringboje vor der Werft.
Montagmorgen telefonieren wir mit Igor, dem Chef der Firma. 1 Stunde später ist das Trockendock geflutet, und wir können einfahren. Für uns ist das eine Premiere. Bis dato haben wir das Boot für Arbeiten unter der Wasserlinie ausgekrant. Taucher platzieren die entsprechenden Auflager unter dem Boot, dann wird das Wasser wieder aus den Pontons gepumpt und das Dock schwimmt mit unserer Aries wieder auf. Wir sind an Board und erleben alles hautnah mit. Die Stützen sind gut platziert, unser Boot steht stabil.
Wir können es kaum glauben, aber Igor garantiert uns, den Schaden innerhalb von 3 Tagen beheben zu können! Die Arbeiten beginnen sofort. Das Boot wird zuerst gereinigt, und zwar anständig. Mit einer Mischung aus Säure und Seife wird der Rumpf abgewischt – so werden Rostspuren und Vergilbungen spurenlos entfernt. Anschließend wird mit dem Hochdruckreiniger der komplette Rumpf abgespritzt. Unser Antifouling, das wir im Januar auf Leros neu gemacht haben, sieht noch gut aus. Wir haben kaum Bewuchs, nur an einigen Stellen kommt schon leicht die Grundierung zum Vorschein. Wir haben Seajet 039 Platinum 2 K mit Kupferpulver verwendet und bitten Igor wieder dasselbe Antifouling aufzutragen.
Nach einer kurzen Trocknungszeit beginnen die Arbeiter bereits mit dem Abschleifen der beschädigten Kielteile.
Am nächsten Morgen wird mit Heißluftpistolen nochmals getrocknet, bevor mit glasfaserverstärktem Polyester die Vorderkante des beschädigten Kiels neu modelliert wird. Ein paar Durchgänge Spachteln und Schleifen, danach werden mehrere Lagen Glasfaser auflaminiert. Die Arbeiten machen einen professionellen Eindruck. Igor garantiert, dass der Kiel schlussendlich stabiler sein wird, als im Originalzustand.
Während die Arbeiten am Kiel gut vorankommen, haben andere in der Früh gleich damit begonnen, die Wasserlinie etwas höher zu grundieren. Wir wollen den weißen Streifen zwischen Wasserpass und Antifouling etwas schmäler machen. Das warme, nährstoffreiche Wasser der Karibik führt schnell dazu, dass sich auf dem Gelcoat Ablagerungen und Bewuchs ansetzen und den Rumpf vergilben. Hoffen wir, dass das in Zukunft so besser ist.
Im Werftgelände gibt es eine Firma, die Schweißarbeiten ausführt. Ich lerne Antoine und Florian kennen. Beides begeisterte Schweißer und Stahlbauer, die voller Enthusiasmus ihrer Arbeit nachgehen. Ich darf Ihnen unsere verbogene Ankerspitze zur Reparatur bringen, und habe gleich noch ein paar Aufträge für die Beiden. Eine neue Angelhalterung aus Edelstahl (die aus Kunststoff ist gebrochen), eine neue Stange für die Trockentücher in der Küche, einen Rahmen für die Plexiglasscheibe und eine Optimierung der Ständer unseres Steuerstanddachs. Die beiden sind durch mich gut ausgelastet. Ich freue mich über die anständigen Preise und die schnelle Erledigung. Schließlich sind wir nicht die einzigen Kunden.
Igor hilft mir einen Mechaniker für unseren Außenborder zu finden, und fährt mich mit seinem Truck sogar dahin. Caraibes Jet Motors nimmt sich unserem Sorgenkind an. Der Motor geht immer aus, wenn er warm wird. Ich lasse den Thermostat und den Impeller wechseln und das Kühlsystem durchspülen. Nach 2 Tagen können wir unseren Motor wieder abholen. Er läuft wieder einwandfrei, nur die Verkleidungen wurden nicht sauber angeschraubt. Eine Dichtung schaut heraus. Schade – das verringert ein bisschen den sonst guten Eindruck. Macht aber nichts, das kann ich selber beheben. Zwischenzeitlich hab ich auch eine neue Starterbatterie gekauft und eingebaut. So kann auch Evelyn wieder problemlos mit dem Dinghy Ausfahrten unternehmen.
Wie versprochen sind die Arbeiten am Kiel nach 3 Tagen abgeschlossen. Zum Schluss wurde noch gespachtelt und geschliffen und alles mit einem Layer Epoxy überzogen, bevor das Antifouling appliziert wird. Der Kiel sieht wieder aus wie neu. Wir bedanken uns bei der Crew mit einer Runde und einer Jause. Die Kosten für die Aktion belaufen sich inkl. Anodentausch und Antifouling Anstrich auf ca. 4700 €, ein fairer Preis. Ein neuer Kiel hätte inkl. Transport und Zoll ca. 5000 € gekostet, ohne Einbau, Werftkosten und Nebenarbeiten. Von den Wartezeiten ganz zu schweigen.
Am Mittwoch wird das Dock wieder abgesenkt und die ARIES schwimmt wieder in ihrem Element.
Wir bleiben noch ein paar Tage an der Mooring der Werft, bis Antoine und Florian ihre Arbeiten abgeschlossen haben. Wir haben auch noch unsere Genua zur Reparatur gebracht. Im UV Schutz war eine Scheuerstelle, die die Mitarbeiter von North Sails Guadeloupe wieder ausbessern konnten.
Wir laden Florian, Antoine und die Freundinnen der Beiden zum Abendessen ein und haben viel Spaß, auch wenn die Sprachbarriere die Konversation teilweise etwas mühsam macht.
Mittlerweile haben wir auch bei Gréemont Marine Service einen Termin bekommen. Bei der Oberwante unsere vorderen Crossbeams ist eine Litze gebrochen. Wir wollen Sie austauschen lassen. Das erweist sich als schwieriges Unterfangen. Die Wante wird in der Werft mit vorgespannter Traverse eingebaut, und die Bolzen, die durch die beiden Augen der Endterminals gesteckt werden, sind in der Traverse passgenau eingefügt. Wie zu erwarten hat die Kombination Edelstahl – Aluminium zu Korrosion geführt und die Bolzen sind festgefressen. Wir entspannen die Crossbeam Wante so weit als möglich durch Lockern der Mastwanten und ziehen den Mast mit Genua- und Spinnakerfall nach vorne. Danach wird das Stahlseil durchgeflext. Der Steuerbordbolzen wird nach ein paar beherzten Hammerschlägen locker, aber an Backboard braucht es schlussendlich einen Vorschlaghammer.
Die neue Wante wird mit einem Spanner eingebaut – so können wir bei Bedarf nachziehen und sie im Bedarfsfall einfacher wechseln. Unser Schiff ist wieder fit und wir fühlen uns sicher.
Endlich komme ich auch dazu, das LED-Licht im Dach des Steuerstands zu installieren. Natürlich nutzen wir den Aufenthalt auf einer französischen Insel auch dazu, uns mit den feinen Sachen einzudecken, die man auf den englischen Inseln kaum, oder nur zu horrenden Preisen bekommt.
Schlussendlich haben wir viele Punkte auf unserer To-do-Liste abgehakt. Fertig wird man leider nie, weil man im Zuge der Arbeiten immer wieder auf etwas darauf kommt, was auch noch zu verbessern wäre, oder repariert werden muss …