Angepeiltes Ziel unserer Atlantiküberquerung war Barbados. Nicht weil es von den Kapverden aus die nächstgelegene Insel ist, sondern weil die Crew, die in der Karibik mit uns die Weihnachtsferien verbringen wollte, hierher die günstigsten Flüge bekommen hat. Barbados wäre sonst nicht unbedingt unser Wunschziel gewesen. Die Insel besitzt keine nennenswerte Infrastruktur für Segler und bietet bei Winden abseits der Passatrichtung nur wenig Schutz vor Wind und Welle. Inseln, die vorwiegend von britischen und amerikanischen Touristen besucht werden und außerdem noch Sitz von Offshore Banken sind, haben meist überhöhte Lebenshaltungskosten und eine große Kluft zwischen einer reichern Minderheit und der armen Unterschicht. Das kennen wir schon von den Bermudas – nicht so unsere Lieblingsumgebung.
Nichts desto trotz also Barbados. Am 13. 12. 2022 haben wir die Insel im regenverhangenen Himmel erstmals gesichtet, und sind 9 Stunden später und nach mehr als 2100 gesegelten nautischen Meilen vor Port St. Charles im Nordwesten der Insel vor Anker gegangen. Da es nach lokaler Zeit schon Abend war, haben wir das Einklarieren auf den nächsten Tag verschoben, und uns erst mal an Board einen Ankertrunk – den Ersten seit Wochen – gegönnt.
14. 12. 2022, Port St. Charles.
Wir können es kaum erwarten an Land zu kommen. Der Himmel hat aufgeklart, und am hübschen Sandstrand sehen wir Palmen und badende Menschen. Vor dem Vergnügen kommt aber die Arbeit. Also Pässe und Papiere zusammenpacken und ab ins Dinghy. Port St. Charles ist eigentlich eine Ferienwohnanlage die ringförmig um eine Lagune angelegt ist, die in ihrem Innern Bootsanlegestellen für die Besitzer der Ferienwohnungen bietet. Vor der Lagune gibt es eine vorgelagerte Insel, die das Marina Office, die Büros der Behörden und das Restaurant Pier One des „Yachtclubs“ beherbergt. Ganz in der Nähe gibt es noch ein ähnliches Resort mit eigenem Yachthafen, den Port Ferdinand. Während Port Ferdinand ausschließlich den Nutzern des Ressorts vorbehalten ist, bietet Port St. Charles wenigstens ein paar Gästeliegeplätze und betreibt außerdem eine Tankstelle, an der auch Wasser gebunkert werden kann. Wir brauchen keine Infrastruktur, darum ankern wir außerhalb und fahren mit dem Schlauchboot an den Dinghyanleger des Pier One Restaurants.
Um die Ecke finden wir die Büros des Health Officers, sowie Immigration und Zoll. Bei allen dreien muss ein Formular ausgefüllt und unterschrieben werden. Die Büros sind übrigens nur zu den normalen Amtsstunden besetzt, wer also am Wochenende ankommt, darf bis Montag warten. Das Einklarieren kostet erfreulicherweise nichts.
Nach Erledigung der Amtswege hole ich Evelyn ab, und wir gehen auf einen Drink ins Pier One. 2 Aperol Spritz kosten uns mit Trinkgeld 80 BBDs (Barbados Dollars), umgerechnet etwa 40 Euro! Dafür können wir das WiFi nutzen, und unserer Familie und den Freunden unsere glückliche Ankunft in der Karibik bekanntgeben. Hier ist alles schon weihnachtlich geschmückt, während die Gäste in Badekleidung die Sonne genießen.
In den folgenden Tagen unternehmen wir Spaziergänge in die Nachbarorte und das Umfeld von Speightstown, das wie erwartet geprägt ist vom Zwiespalt der Luxusressorts und großzügigen Anwesen neben ärmlichen Fischerhütten.
Endlich dürfen wir uns wieder über tropische Fauna, farbenprächtige Häuschen und den typisch karibischen Lifestyle nach dem Motto „No Stress“ freuen. Überrascht sind wir von der Sauberkeit und vor allem von der ausgesprochenen Freundlichkeit der Insulaner. Keiner der uns nicht grüßt. Oftmals werden wir von den Leuten angesprochen, woher wir kommen und was wir machen. Wir führen manches interessante Gespräch und erfahren, dass die Insel allen Bewohnern eine gute Gesundheitsversorgung und ein gutes Bildungssystem bietet. Die Insel gehört noch zum britischen Commonwealth, die Bewohner scheinen aber in der Mehrzahl eher für die Eigenständigkeit plädieren.
Und natürlich finden wir auch günstigere Einkehrmöglichkeiten. In den Bars, die vorwiegend von Einheimischen besucht werden, bezahlen wir für eine kleine Flasche Rum, eine Cola und ein Bier umgerechnet etwa 15 Euro. Günstig essen kann man z.B. in einem der vielen Streetfood – Restaurants. Ein sehr Nettes haben wir nicht weit von unserem Ankerplatz direkt am Strand entdeckt. Das Caboose, ein alter Fischerkahn bietet köstlichen Fisch in verschiedenen Variationen.
Wir entdecken viele tolle Strände, die nicht nur feinen Sand sondern oft auch ein paar Felsen oder Riffe zum Schnorcheln bieten. In den Orten gibt es meist nette Bars und verschiedene Möglichkeiten zum Einkaufen. Die Preise lassen uns aber auf das Notwendigste beschränken.
Evelyn hat Glück mit der Angel und wir können unseren Speiseplan mit frischen Fisch aufbessern. Besonders der Torpedobarsch, der fast nur aus festem und trotzdem zartem Fleisch besteht, ist eine echte Delikatesse.
Mir dagegen bleibt die mühsame Arbeit, das Unterwasserschiff abzukratzen. Irgendwo auf unserer Anreise haben wir uns lästige Muscheln aufgelesen, die mittlerweile zu Dutzenden unseren Rumpf zieren und immer größer werden.
Am 18. 12. 2022 berge ich mit unserem Schlauchboot 2 Schwimmer, die von einem vor der Küste gekenterten Hobby Cat in unsere Richtung unterwegs waren. Wir fahren zum Segelboot und schleppen es bis an die Küste. Die beiden Jungs sind leicht unterkühlt scheinen aber zurecht zu kommen. Sie wissen die Telefonnummer ihrer Bleibe nicht, ich kann also nicht viel mehr für sie tun.
Als wir am kommenden Nachmittag nochmals im Pier One anlegen und einen Spaziergang machen, finden wir nach unserer Rückkehr einen Zettel und 2 Flaschen Bier in unserem Beiboot. Die Beiden laden uns zu ihrer Familie auf einen Drink ein. Wir machen klar, dass die Rettung eine Selbstverständlichkeit war, nehmen die Einladung aber schließlich doch an. Wir werden am Nachmittag des nächsten Tages vor der Marina abgeholt und nach Fustic House bei Moontown gefahren. Die Großeltern der Beiden sind erfolgreiche Unternehmer, die sich hier einen Ferienwohnsitz für die kalten Tage in England zugelegt haben. Die Eltern und Großeltern begrüßen uns herzlich und bedanken sich nochmals für die „Rettung“. Wir dürfen auch die Schwester der beiden Helden kennenlernen und werden mit köstlichen Rum Punsch auf der prächtigen Terrasse bewirtet.
Die Familie führt uns durch den spektakulär angelegten und liebevoll gepflegten Park des Landsitzes, der nicht nur über mehrere Teiche und Pools sondern sogar über eine eigene Höhle mit Fledermäusen verfügt. Es gibt auch ein paar wenige Ferien Villas auf dem Anwesen, die gemietet werden können. Fustic House ist normalerweise für die Öffentlichkeit nicht zugänglich, wird aber einmal jährlich Im Rahmen einer „Welt Garten Tour“ geöffnet.
Wir fühlen uns entsprechend geehrt und der Nachmittag vergeht wie im Flug. Zum Abschluss wünschen wir den beiden Jungs mehr Glück beim Segeln in der Zukunft und verabschieden uns von unseren freundlichen und interessanten Gastgebern.
21. 12. 2022, Nachmittags vor Port St. Charles.
Beim Aufankern stellen wir fest, dass unser Anker sich in einer versunkenen Mooringboje verheddert hat. Wir verlieren einen Bootshaken, den ich beim Tauchen aber wieder bergen kann.
Schließlich klappt das Ankermanöver und wir segeln mit Kurs 180° der Küste entlang nach Süden und bewundern die vielen schönen Strände, die die flache Insel an der Westseite säumen.
Auch wenn Barbados kaum tiefe, gut geschützte Buchten hat, bietet der meist flach abfallende, sandige Grund an der Westküste viele Ankermöglichkeiten mit Blick auf nette Strände. Gute Karten in hoher Auflösung verzeichnen die Riffe und Hindernisse unter Wasser denen man dabei ausweichen muss.
Am späten Nachmittag ankern wir in 5m tiefem Wasser vor der Carlisle Bay vor der Hauptstadt Bridgetown. Den nächsten Tag nutzen wir, um mit dem Dinghy auf dem Constiturion River mitten in die Stadt zu fahren.
Wir wollen noch Proviant auffüllen, bevor unsere Gästecrew aus Vorarlberg eintrifft. Bridgetown bietet viele Einkaufsmöglichkeiten, vom Supermarkt bis zum kleinen Gemüsehändler am Straßenrand. Es gibt mehrere Markthallen – für Obst und Gemüse, Fisch, Fleisch und Güter des täglichen Bedarfs. Das Sortiment der Supermärkte ist leider etwas eingeschränkt.
23. 12. 2022, Bridgetown.
Es ist soweit – unsere Gäste sind gelandet. Ich hole Sie mit dem Dinghy an der Chamberlain Bridge ab. Wir hatten als Treffpunkt den Independence Arch ausgemacht. Den hat der Taxifahrer aber nicht gekannt – Schande über ihn. 😉
Die Fahrt zum Boot ist etwas peinlich: Wieder einmal streikt – aus unerklärlichen Gründen – unser Außenborder. Zum Glück ist es zum Boot nicht weit, wir schaffen es trotz viel Gepäck mit Paddeln.
24. 12. 2022, Bridgetown
Wir gehen mit unserer Crew an Land und lassen uns durch die hektische Mall und die Märkte treiben. Das karibische Weihnachtsfeeling ist mit dem in Mitteleuropa nicht zu vergleichen. Alles ist etwas bunter, lauter und fröhlicher – und vor allem muss man nicht in der Kälte stehen ;-).
Auf dem Rückweg zu unserem Ankerplatz machen wir noch beim Catamaran „Lionfish“ halt, um der österreichisch – schweizerischen Besatzung Weihnachten anzuwünschen. Die Einladung zum Cafe wird von Irene und Sascha gerne angenommen. Nachdem Sascha auch noch Geburtstag hat, stoßen wir mit einem Glas Sekt an und genießen gemeinsam einen entspannten Nachmittag mit netten Gesprächen.
Für den Weihnachtsabend haben wir im Real Jamaican Jerk Food Restaurant reserviert. Nachmittags heißt es also wieder Segel setzen und Richtung Norden bis in die Höhe von Lower Carlton fahren. Nach der Ankunft genießen alle ein Bad im warmen Wasser bevor wir mit dem Dinghy an Land setzen.
Die leichte Brandung macht das zu einem kleinen Abenteuer, aber alle kommen gut behalten und mehr oder weniger trocken an Land. Wir feiern lange und schlafen am nächsten Tag aus, bevor es am 25. nach einem Frühstück und der Bescherung mit unserem Weihnachtstörn losgeht.