Jamaica – 2 Seiten eines Landes

2. 3. 2023, 0:00, N 18°30′ W 67°15′, Aquadilla, Puerto Rico
Gestern vormittag sind wir aus San Juan ausgelaufen – heute erreichen wir das Westende der Insel und segeln hinaus aufs offene Meer. Vor der Küste jagen Seevögel offenbar einen Fischschwarm – ein wildes Treiben.

Auf Kurs 250° geht es vorbei an der kleinen, unbewohnten Isla Desecho, die unter Naturschutz steht und weiter zur Isla Mona. Ebenfalls ein Naturreservat. Die Insel hätte einige schöne Strände zu bieten, aber keinen geschützten Ankerplatz – also keine Option für uns. Allenfalls ein Badestopp wäre unter idealen Bedingungen möglich. So aber nutzen wir den tollen Wind, um unter Spinnaker weiterzusegeln. 7 kn und mehr zeigt das Log – es geht flott voran. Nachmittags passiert die „Carnival Magic“ – ein großer Kreuzfahrer – unser Kielwasser.

18:10, N 18°05.2′ W 68° 35.1′. Auf BB bemerken wir seltsame Geräusche in der Ruderanlage. Nachdem die Segel geborgen sind, geht es angeseilt und mit Maske und Schnorchel unters Boot. Teile eines Netzes haben sich im Ruderblatt verfangen und zwischen Ruder und Rumpf verkeilt. Ich kann das Gewirr nicht lösen – wir machen ohne Segel immer noch 3 kn ( mehr als 5 km/h) Fahrt. Bei dieser Strömung ist das Arbeiten unter Wasser schwierig. Wir beschließen am Punta Laguna auf der Isla Saona einen Ankerplatz zu suchen. Die Fahrt dorthin dauert noch etwas mehr als 2 Stunden – wir sehen einen schönen, alten Segler vor Saona. Erst um 20:30 fällt der Anker – jetzt ist es aber dunkel. Besser wir warten bis es wieder hell ist, und legen uns solange aufs Ohr.

3. 3. 2023, Isla Saona, Dominikanische Republik.
Nach Sonnenaufgang und im ruhigen Wasser ist das Problem schnell behoben. Wir ankern auf und weiter geht es unter Spinnaker Richtung Westen. Danach gibt’s erstmal Frühstück.

4. 3. 2023, 0:00, N 17°47.4′ W 70°20.2′, ca. 65 nm bis Isla Beata im Süden der Dom. Rep. Im Laufe des Tages hat der Wind zugelegt. Gegen 2:00 ziehen ein paar Squalls durch.

Seit dem Abend rauschen wir nur mit der Genua und 3 – 4 m Welle von achtern dahin. Der Wind erreicht in Böen über 33 kn und sinkt nie unter 25 kn – perfekt, solange er von hinten kommt. Es sieht zwar dramatisch aus, wenn die von hinten kommenden Wellen über die Dachkante ragen, trotzdem reist es sich auf diese Art schnell und komfortabel. Die Bootsbewegungen halten sich in Grenzen.

Erst am Vormittag beruhigt er sich etwas. Das Wetter ist sonnig. Wir passieren die Isla Alto Velo – das südlichste Territorium der Dominikanischen Republik – und gehen auf Kurs 280°, um die Küste von Haiti entlangzusegeln.

5. 3. 2023, Es geht weiter wie gehabt. In der Nacht ziehen wieder einige Squalls durch, die aber selbst in Böen kaum mehr als 30 kn Wind bringen. Wir sind in einer Schifffahrtsroute. Immer wieder kommen Schiffe entgegen, oder überholen uns auf Parallelkurs.

Gegen 18:00 ist das Westende von Haiti in Sicht. Der Luftdruck steigt, der Wind beruhigt sich. Kurs vor Sonnenuntergang können wir wieder den Spinnaker setzen.

6.3.2023, 20:00, Port Antonio
Wir sind gut in Jamaica angekommen. Wollten wir zuerst in Kingston einklarieren, um dort die Infrastruktur (Leihwagen usw.) nutzen zu können, haben wir uns zuletzt wegen des schwachen Windes am Südufer entschieden, Port Antonio an der Nordküste anzulaufen. Die Entscheidung stellt sich als Glücksgriff heraus. Die Marina ist wirklich nett, die Kosten bleiben im Rahmen. Wir zahlen pro Nacht US$ 44, können Duschen, Wi-Fi und den Pool nutzen. Die schnucklige Anlage liegt in einer sicheren Bucht, ist gepflegt und nett angelegt. Am selben Steg liegt noch eine ARIES – aus Skandinavien. Wir plaudern ein wenig mit der jungen Crew – nette Leute.

Die Marina hat ihren Namen dem Schauspieler Errol Flynn zu verdanken, der sich in den 1930er und 1940er Jahren vor allem in Piraten- und Abenteuerfilmen einen Namen gemacht hat.

Er hatte das gegenüber der Marina gelegene Navy Island gekauft und sich dort ein Ferienhaus errichtet, in dem einige der wildesten Partys der damaligen Zeit gefeiert wurden. Wilde Partys veranstalten wir nicht – bei uns heißt es erst mal klar Schiff machen …

Der Port von Antonio besteht aus 2 Buchten. Die Marina und der neue Cruise Ship Terminal befinden sich im West Harbor, die größere Bucht beherbergt den East Harbor, in dem man kostenlos ankern kann. Hier gibt es allerdings keine gute Möglichkeit, mit dem Dinghy an Land zu kommen.

Das Einklaren ist in Jamaika kostenlos. Will man in jamaikanischen Gewässern segeln, sind US$ 100 für das Cruising Permit fällig. Die Beamten kommen aufs Schiff – zuerst der Gesundheitsinspektor, dann Zoll und schließlich Immigration. Alle freundlich – aber das Ausfüllen der vielen Zettel zieht sich. Ein Kaffee oder eine Coke lockern die Atmosphäre und bringen die Leute dazu, ein bisschen aus dem „Nähkästchen“ zu plaudern.

Verlässt man die Marina und folgt der Straße kommt man direkt zur Royal Mall – einem „Einkaufszentrum“, das von einer deutschen Architektin geplant wurde und verschiedene klassische Stilrichtungen in sich vereinigt.

Weitere Geschäfte finden sich im Ortszentrum, eine große Markthalle beherbergt eine Vielzahl kleiner Ständchen mit Fisch, Fleisch, Obst, Gemüse und allen möglichen Waren des täglichen Gebrauchs.

Die Preise sind verhältnismäßig hoch – die meisten Lebensmittel werden importiert. Großartige Highlights sucht man in Port Antonio ansonsten vergebens. Der Erwerb von Marihuana scheint relativ einfach zu sein – ich bin jedenfalls mehrfach angesprochen worden, ob ich was kaufen möchte.

Entlang des East Harbor führt die Hauptstraße nach Osten. Die Straße ist beidseitig von „Bars“ und „Restaurants“ gesäumt, mehr als 60 auf einer Meile direkt an der Straße, doppelt so viele, wenn man die in den Seitenstraßen noch mitzählt. Die Bars sind im „karibischen Stil“ errichtet, oft nicht viel mehr als ein paar zusammengenagelte Bretter, mit viel Farbe bunt angemalt.

Biegt man am Ende von East Harbor nach links auf die Landzunge ab, kommt man zu den „Folly Ruins„. Der Name kommt daher, dass das Gebäude schon bald nach der Fertigstellung wieder zu zerfallen begann. Offenbar, weil der Bauherr nicht auf Regen warten wollte, um Süßwasser für die Herstellung des Betons zu gewinnen. Das stattdessen verwendete Salzwasser hat dann die Armierungseisen korrodieren lassen. Schade um das sicherlich einmal prächtige Anwesen.

Folgt man der Küste weiter nach Osten, finden sich einige schöne Buchten mit Bars und ansprechenden Gästeressorts. Es reiht sich Strand an Strand – Frenchman’s Cove, San San Beach, Blue Lagoon, Winnifred Beach – einer schöner als der andere. Keinen Besuch wert ist die Long Bay. Der Sandstrand ist vermüllt, die Brandung zum Baden meist zu stark.

Einige der Strände waren Drehorte bekannter Filme. Ian Fleming – der Autor der „James Bond“ Drehbücher besaß ein Haus auf Jamaika. Szenen der Filme „Live and let die“, „James Bond jagt Dr. No“ und zuletzt „No time to die“ mit Daniel Craig spielen auf der Insel. In der Oracabeesa Bay gibt es – in der Nähe des ehemaligen Wohnsitzes von Ian Fleming – einen James Bond Beach Club und das GoldenEye Resort.

Einem ganz anderen Genre widmet sich der Film die „Blaue Lagune“ die in zwar großteils auf Vanuatu und Nanuya Levu im Pacific, aber auch in Frenchmans Cove, auf Monkey Island und natürlich in der „Blue Lagoon“ auf Jamaika aufgenommen wurden.

Auf Jamaika herrscht subtropisches Regenwaldklima. Die Vegetation ist ausufernd – der Dschungel beginnt direkt neben der Straße. Der Boden ist fruchtbar und es wird einige angebaut – so ist Jamaika z.B. für den „Blue Mountain“ Kaffee bekannt, der von Kennern als einer der besten Kaffees der Welt bezeichnet wird und entsprechende Preise erzielt. Wir haben uns hin und wieder ein Tässchen gegönnt. Lecker, wir konnten aber keinen Riesenunterschied zu den gewohnten Arabica Röstungen feststellen…

Es gibt einige Früchte, die quasi wild auf der Insel wachsen: Brotfrucht, herrliche Mangos, Akee (die Nationalfrucht Jamaikas), Papayas, Ananas, Bananen und Ananasbananen, Jamaikakirschen (Acerola), Orangen, Jamaika Apples (Jambuse) und Sternapfel (Sapote).

Leider bemühen sich nur wenige Einheimische einen eigenen Garten anzulegen und das, obwohl Obst nicht gerade billig ist. Vieles wird – aufwendig in mehrlagiges Plastik verpackt – aus dem Ausland importiert. In den Supermärkten finden sich kaum unbehandelte Lebensmittel, dafür Konserven, Fertiggerichte und bunte, zuckerhaltige Frühstücksflocken „en masse“. Vermutlich auch eine Folge des ausufernden Tourismus in den Jahren vor COVID. Bedauerlicherweise sind die Jamaikaner keine Meister des Müllmanagements. Plastikmüll findet sich abseits der Touristenzentren überall in erschreckender Menge. Niemand kümmert sich darum.

Wer gerne lokale Gerichte ausprobieren möchte, sollte nach einem „anstrengenden Badetag“ den Besuch in einem Jerkcenter nicht versäumen. Wir waren z.B. im Boston Jerk Center, das Bekannteste in Portland. Jerk wurde ursprünglich entwickelt, um die Jagdbeute zu konservieren. Dazu wurde das Fleisch mariniert und tagelang über offenem Feuer geräuchert. Mittlerweile wird hauptsächlich Schwein, Zeige und Huhn gegrillt. Dazu bekommt man gegrillte Brotfruchtwedges oder Festivals – Nudeln aus frittiertem Teig. Ein eiskaltes RedStripe Bier rundet das Menü perfekt ab. Es gibt weitere lokale Spezialitäten, wie z.B. Ochsenschwanz mit Akras. Wer auf der Suche nach jamaikanischen Rezepten ist, sollte auf der Website von Roxy Chow Down vorbeischauen!

9. 3. 2023, 12:00, Errol Flynn Marina, Port Antonio, Jamaika
Nach 3 Nächten haben wir uns gut erholt, und können die nächste Etappe unserer Reise in Angriff nehmen – wir wollen nach Kuba. Kuba war schon vor einigen Jahren unsere Urlaubsdestination. Hatten wir die Insel damals von Land aus erkundet, wollen wir diesmal die Inselwelt im Süden Kubas per Boot erleben. Das Ausklarieren ist problemlos und schnell erledigt – wiederum kostenlos. Wir genießen das satte Grün von Navy Island während wir aus der Bucht laufen und gehen dann auf Nordwestkurs. Ein angenehmer Segelwind trägt uns unserem nächsten Ziel entgegen. Unseren Reisebericht zu Kuba finden Sie hier.

8. 4. 2023, 0:00, N 21° 14.4′ W 79° 44.5′, Südlich von Kuba.
Einige Tage mussten wir warten, um günstigen Wind für unsere Rückfahrt nach Jamaika zu bekommen, gestern haben wir Kuba verlassen. Bis jetzt kommen wir gut voran. Mit stark gerefftem Groß und halb eingerollter Genua machen wir bei bis zu 30 kn Wind um die 7 kn Fahrt.
Gegen Morgen schwächt sich der Wind etwas ab – die Segelfläche kann wieder vergrößert werden. Nach 24 h auf See haben wir über 130 nautische Meilen zurückgelegt.

9. 4. 2023, 0:00, N 19°30.3′ W 78° 37.8′. Zwischen Kuba und Jamaika
Das Wetter ist schön, wir erleben wundervolle Sonnenuntergänge und erfreuen uns am herrlichen Blau des Wassers. Leider ist der Wind noch schwächer geworden. Für 5 kn Tagesdurchschnitt reicht es aber gerade noch. Eine Zeit lang haben wir einen blinden Passagier an Bord. Eine Schwalbe ist uns zugeflogen, und ruht sich aus.

10. 4. 2023, 5:15, N 18° 24.6′ W 77° 6.5′, Ocho Rios
Auf dem letzten Teil der Strecke ist der Wind fast völlig eingeschlafen. Mit Motorsegeln haben wir aber unser Ziel Ocho Rios doch noch relativ schnell erreicht. Wir machen klar Schiff, und legen uns dann noch ein bisschen aufs Ohr. Die Behörden haben sicherlich noch geschlossen …

Nach dem Frühstück versuche ich per Funk die Marine Police zu erreichen – bekomme aber auf Kanal 16 keine Antwort. Rein ins Dinghy und in die Marina fahren, das ist von unserem Ankerplatz nur 200 m. In einer der kleinen Hütten in der Marine finde ich die Police Officers und Frage nach den Behörden zum Einklarieren. Ich werde aufs Boot zurückgeschickt – der Health Officer der Gesundheitsbehörde wird zu uns aufs Schiff kommen. Er kommt auch, allerdings dauert das ein paar Stunden. Das Thema ist den Jamaikanern wichtig. Wir bekommen wieder eine Belehrung, was alles strengsten verboten ist: Fäkalientanks im Hafen offen lassen, Fleischabfälle im Wasser entsorgen, etc. etc. Kennen wir alles schon. Nachdem unsere Temperatur keinen Anlaß zur Besorgnis gibt, und wir ein Dokument unterschrieben haben, dürfen wir die gelbe Fahne streichen und werden aufgefordert, den Rest der Behördengänge an Land zu machen. Die Büros von Customs und Immigration sind eigentlich im Terminalbereich der Cruiseships, dort darf man aber ohne Bordkarte nicht rein. Die BeamtInnen sind deshalb etxra für uns in die Marina spaziert, und erledigen hier den Papierkram. Finden wir super nett!

Das Ankern vor der Marina ist gratis, die Kulisse mit dem Moon Palace Jamaica Resort ansprechend. Die Ocho Rios Bay hat sandigen Boden und ist bei der vorherrschenden Winden aus NO bis SO gut geschützt. Wir liegen ruhig.

Tagsüber brausen die Speedboote mit angehängten Wasser – Toys rund ums Boot. Der Motorlärm ist aber fast weniger störend, als das Gekreische der „Wassersportler“, die auf ihren „Luftmatrazen“ übers Wasser flitzen. Die Strandbäder schließen um 18:00, die letzten Ausflugsboote laufen kurz danach ein – danach wird es herrlich ruhig. Nur samstags spielen abends am Strand DJs bis spät in die Nacht laute Musik, zum Glück mehr Reggae als Dancehall – was soll’s wir sind in Jamaika.

Ocho Rios ist eine Hochburg des Tourismus, fast täglich kommen Kreuzfahrtschiffe an, manchmal liegen 2 gleichzeitig an den Piers.

Sind Kreuzfahrschiffe im Hafen, herrscht auch im „Island Village“ Hochbetrieb. Dieses nett angelegte Einkaufszentrum erinnert an ein jamaikanisches Dorf, mit vielen bunten Häuschen und beherbergt neben einem Beachclub etliche Bars, Restaurants und natürlich die üblichen Boutiquen und Juweliere, in denen die Kreuzfahrtgäste ihr Urlaubsgeld loswerden können. Natürlich liegt das Island Village genau am Ausgang der Kreuzfahrterminals.

Im Ort gibt es noch einige weitere Einkaufszentren – falls jemand seinen Kaufrausch im Island Village nicht befriedigen konnte. Eines davon heisst „Taj Mahal Plaza“ und beherbergt sogar eine Miniaturversion der bekannten Sehenswürdigkeit. Wie zu erwarten sind die meisten der Geschäftsinhaber dann auch Inder oder Chinesen.

Überhaupt bekommt man den Eindruck, dass den Jamaikanern ein bequemer Lebensstil wichtiger ist, als materieller Besitz. Besitzt man ein paar T-Shirts, eine kurze Hose, ein Wellblechdach und kann sich jeden Tag einen Joint leisten – ist man zufrieden.

Wir als Europäer tun uns mit dieser Einstellung oft schwer. Verbesserungsmöglichkeiten und ungenutztes Potenzial springen uns quasi laufend ins Auge, wenn wir die Gegend erkunden. Sei es nur, einmal einen Müllsack und einen Besen in die Hand zu nehmen und ums Haus Ordnung zu schaffen. In Corona – Zeiten sind viele der Attraktionen der Insel nicht gewartet worden. Sobald die Gäste ausgeblieben sind, wurden die Angestellten entlassen. Das hat dazu geführt, dass die Gebäude teilweise geplündert wurden und zerfallen, die technischen Anlagen nicht mehr betriebsbereit sind, und Gärten, Parks und Strände ungepflegt vor sich hin gammeln. Der Urwald holt sich schon teilweise zurück, was ihm die Menschen einst abgetrotzt haben.

Auch die Turtle River Wasserfälle, die wir besucht haben, waren eigentlich gesperrt. Die Poolbar, das Restaurant geschlossen, Voliere und Fischteich leer. Wir konnten den Aufseher bewegen uns trotzdem reinzulassen (gegen US$ 30) und waren dafür die einzigen Gäste. Eine Möglichkeit überall rauf zu klettern und im Adamskostüm unter dem Wasserfall zu duschen – ein Genuss an so einem heißen Nachmittag.

Auf dem Rückweg von unserem Ausflug haben wir das „Ocho Rios Jerk Center“ besucht. Für wenig Geld gibt es hier leckeres Grillhuhn, frittierten Fisch und kühles „Red Stripe“, die jamaikanische Biersorte. Man sitzt in einem allseitig offenen Restaurant, dass durch den Wind gekühlt wird. Hier lässt es sich hervorragend Rast machen.

Eigentlich warten wir hier auf Wind (oder auch keinen Wind), der es uns erlaubt wieder weiter nach Osten zu fahren. Eigentlich ist unser Ziel zu den ABC – Inseln zu gelangen, das sind die holländischen Inseln Aruba, Bonnaire und Curacao. Der momentane Ostwind ist nicht ideal zu deren Position südöstlich von uns zu gelangen. Wir planen deshalb, solange zu warten, bis wir eine Chance bekommen, auf diesen Breitengraden weiter nach Osten zu gelangen – in unserem Fall wäre das die Dominikanische Republik. Von hier aus können wir fast gerade nach Süden segeln, um zu den ABC-Inseln zu kommen. So haben wir einige Tage Zeit, um Ocho Rios noch weiter zu erkunden.

14. 4. 2023, Ocho Rios, Jamaika
Heute soll der Wind endlich passen, bzw. so schwach sein, dass wir unter Motor nach Osten fahren können. Wir waren vormittags noch im Progressive Supermarkt einkaufen, um uns mit Trinkwasser und frischen Obst einzudecken. Sogar Sahne und Frischkäse haben wir bekommen. Der Supermarkt hat zwar ein bescheidenes Frischobst – Angebot, aber in der Nähe finden sich am DaCosta – Drive immer einige Straßenhändler, die frisches regionales Obst anbieten.
Zum Ausklarieren holen uns die Beamten ab und nehmen uns unter ihre Fittiche, damit wir den Bereich der Kreuzfahrterminals betreten dürfen. WIr bekommen „Lieferanten – Patches“ und dürfen rein. Im Büro erhalten wir dann die „Clearance Documents for Steam Ships“. 😉 Dafür müssen wir die Zettel, die wir bei der Einreise als Visum bekommen haben, wieder abgeben.

Nachdem die Formalitäten erledigt sind, trinken wir im „Island Village“ noch einen letzten Blue Mountain Cafe, essen ein leckeres Rolly Polly – Eis und spazieren dann in die Marina zurück, wo unser Dinghy schon darauf wartet uns zur ARIES zurückzubringen.

Um 18:15 geht der Anker auf und mit wenig Wind geht der Küste entlang nach Osten. Erst um 22:00 Uhr haben wir bei N 18°25′ und W 76°53′ den Galina Point erreicht, und können auf Kurs 110° weiterfahren. Wir motorsegeln, kommen aber gegen die Welle nur langsam voran. Am nächsten Morgen kurz vor 5:00 Uhr früh sind wir erst 40 nm gefahren, und befinden uns in Höhe von Port Antonio. Eine Hochrechnung ergibt, dass wir bei diesen Umständen mit unserem Diesel nicht auskommen werden. Die einzige Möglichkeit, die bleibt: Nachtanken in Port Antonio. Wir fahren in den East Harbor und ankern. Eine Mütze Schlaf geht sich noch aus, bis am Vormittag die Tankstelle am Ufer öffnet.

15. 4. 2023, 8:00. Nach dem Frühstück werfe ich ein paar Kanister ins Dinghy und fahre ans Ufer. Diesel ist teuer – jedenfalls, wenn man aus Kuba kommt. US$ 104 kosten die 60 l, die ich mitnehme. Wir füllen den Tank und frühstücken, dann geht es wieder aufs Meer.

DIe Situation ist nicht besser geworden – eher im Gegenteil. Wir kämpfen uns gegen 15 kn Wind und ruppige See mit 3 kn nach Osten. Nach 2 Stunden geben wir auf – so wird das nix. Natürlich könnten wir mit beiden Maschinen gegen an fahren, dann geht uns aber schon in Haiti der Sprit aus. Ich diskutiere mit Evelyn unser Optionen – wir entscheiden uns nochmals umzukehren. Was führ ein Unterschied. Unter Spinnaker geht es mit Rückenwind und mit der Welle wieder nach Westen. Es ist dunstig und über unserem Mast bildet sich ein Halo – ein Regenbogen am Himmel.

Noch vor dem Eindunkeln erreichen wir die Oracabessa Bay, ca. 15 nm östlich von Ocho Rios. Hier wollen wir abwarten, bis sich eine bessere Wettersituation bietet. Unser Boot ist das Einzige mit ausländischer Flagge in dieser gut geschützten Ankerbucht mit Blick auf das GoldenEye Resort.

Im prachtvollen Sonnenuntergang blinkt plötzlich ein Blaulicht, das immer näher kommt. DIe Marine Police hat hier eine weitere Basis. Natürlich fällt Ihnen unser Boot, das fast eine Woche als einziger Segler in Ocho Rios lag, sofort auf. Wir werden nach dem Cruising Permit gefragt, dass wir nicht haben. Ich versuche, die Umstände zu erklären. „No Problem“ meint schließlich der Officer. Ich soll mich aber bitte morgen wieder bei der Einwanderungsbehörde, die selbst in diesem kleinen Hafen ein Büro hat, anmelden. So machen wir das. Vielen Dank!

16. 4. 2023 – Evelyns Geburtstag. Eine Flasche Prosecco ist eingekühlt. Glücklicherweise ist die Netzverbindung gut – den ganzen Tag erreichen Evelyn Anrufe und Glückwünsche von der Familie und unseren Freunden. Zum Sundowner gibt es Aperol Spritz und an der Bar im GoldenEye Resort vor unserem Ankerplatz spielt heute Musik. Wie bestellt, ist der Strand festlich illuminiert.

17. 4. 2023. Oracabessa Bay ist eine Wucht. Man liegt total ruhig in der geschlossenen Bucht, die nur eine schmale Einfahrt nach Nordwesten offen lässt. Das Wasser ist 3-5 m tief, der Boden sandig mit gutem Halt. In diesem Fischerhafen leben einige Wasserschildkröten, die immer wieder mal rund um unser Schiff den Kopf aus dem Wasser strecken, um Luft zu schnappen.

Zu Fuß sind es 20 Minuten ins Zentrum von Oracabessa. Hier finden wir eine Markthalle, Obststände, Einkaufsläden usw. Sogar Frisör und „Baumarkt“ wären vorhanden. Die Leute grüßen freundlich, das Englisch ist allerdings manchmal nur schwer verständlich. Untereinander reden die Jamaikaner eine Art der kreolischen Sprache.

Mit unserem Kanu paddeln wir unter der Brücke durch in den Kanal, an dem die Lodges des GoldenEye Resorts liegen. Diese bemerkenswerte Anlage besteht aus vielen kleinen Villas, die alle direkten Zugang zum Wasser haben. Wege führen in der naturbelassenen Umgebung von Haus zu Haus, zu den Bars, Pools, Stränden, dem SPA und über eine Hängebrücke zum Restaurant, das wie ein Baumhaus zwischen den Kronen der umliegenden Bäume platziert ist. Die kleine Lagune ist voll von Schildkröten und Vögeln. Wie an unserem Ankerplatz rauscht nachmittags der Wind in den Baumwipfeln – eine herrlich erholsame Atmosphäre.

Im Laufe der Tage freunden wir uns mit den Fischern an, die immer wieder mal mit ihren Booten an uns vorbei aufs Meer fahren. Die Oracabessa Bay ist ein Fischschutzgebiet. Wir dürfen hier nicht angeln, deshalb kaufen wir einem der Fischer einen schönen Red Snapper um US$ 15 ab. Am Abend landet der Fisch auf dem Grill.

Die Reste des Fisches, den wir nicht aufessen konnten, verarbeitet Evelyn am nächsten Tag mit Hirse und Reis zu leckeren Fischlaibchen. Wieder- und Weiterverwenden heißt unsere Devise – selten, dass wir Nahrungsmittel wegwerfen müssen.

Umso schöner sind die Riffe in der Bucht. Heile Unterwasserwelt mit schönen Korallen einen reichen Vielfalt von Fischen erfreut unsere Sinne bei den Tauchgängen, die wir vom Dinghy aus unternehmen. Wir sind mit Brille, Schnorchel und Flossen unterwegs – Pressluft brauchen wir keine. Das Riff wächst bis an die Wasseroberfläche. Direkt dahinter befindet sich an Land der James Bond Beach, ein Beachclub der nach der Corona Zeit noch nicht wieder eröffnet wurde. Es gäbe einiges zu tun, wir sehen aber, dass kaum etwas gemacht wird. Für unsere Ruhe am Ankerplatz aber sicher ein Vorteil. Wir schwimmen ein paar mal vom Boot zum Sandstrand. Das Wasser ist so klar, dass wir den Schildkröten am Grund beim Fressen zusehen können.

Zwei Tage lang haben wir neue Nachbarn: Eine Fountain Pajot Salina unter der Flagge der Bahamas ankert neben uns. Wir grüßen und lernen Sheila und Ken von der „Silver Lining“ kennen. Die beiden leben schon jahrelang auf einem Boot, waren aber bis jetzt zumeist in den Bahamas unterwegs.

Wir treffen uns zum Sundowner auf der Silver Lining und tauschen unsere Erfahrungen aus. Ein netter Abend.

20. 4. 2023, 18: 45, Oracabessa Bay.
Die Zeichen stehen günstig – der Wind ermöglicht einen neuen Anlauf. Wir haben uns mit frischem Obst eingedeckt, ausgecheckt und holen abends unseren Anker hoch um auszulaufen. Hoffentlich stimmt diesmal die Wetterprognose besser als beim letzten Versuch. Wenn alles klappt, lesen Sie bald unseren nächsten Bericht aus der Dominikanischen Republik …

2 Comments

2 Comments

  1. Hallo Roland und Evelyn, nun ist es schon über ein Monat her, dass wir mit euch Kuba erleben / der Aries mitsegeln durften. Gerne erinnern wir uns an die schöne und interessante Zeit, die wir mit euch verbracht haben. Hier im Ländle scheint es nun auch endlich wieder einmal wärmer / Sommer zu werden. Heute Sonntag genießen wir den am langen Wochenende wieder einmal kultivierten Garten im Liegestuhl und lesen mit Begeisterung eure Überfahrt und Erlebnisse in Jamaika. Es hätte uns da mit euch beiden sicherlich auch sehr gut gefallen.
    Wir wünschen euch eine gute Reise / hoffen, dass ihr einen guten Wind gehabt hat, der euch zu den Dominikanischen Inseln gelasen hat, und freuen uns schon wieder von euren Erlebnissen zu lesen. Liebe Grüsse von Johannes und Sissi

    1. Ganz herzlichen Dank für euren Kommentar. Genießt den Frühling/Sommer. Hier in der Karibik haben wir fast täglich mehr als 30° und es ist schwül. Da war es in Kuba noch angenehmer. Ich soll liebe Grüße von Evelyn an Sissi ausrichten. Sie hat letztes mal gerade die Bluse getragen, die sie ihr geschenkt hat.

      Evelyn und Roland, die Crew der ARIES

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