Passage zu den Kap Verden

14.11.2022, N 27°44.8′ W 15°37.3′, Puerto Pasito Blanco, Gran Canaria
Gestern hatten wir im Yacht Club der Marina noch einen vergnüglichen Abend bei ausgezeichnetem Essen und einer guten Flasche Wein.

Heute geht’s nach dem Frühstück zur Tankstelle. Mit 212 l füllen wir unsere Tanks bis zum Deckel. Der Diesel kostet hier 1.57 €. Kaum aus dem Hafen können wir die Segel setzen und laufen bei achterlichem Wind mit 20-25 kn mit guter Fahrt Richtung Kapverden.

Unsere „Predict Wind“ App sagt gleichbleibend gute Winde bis zum Ziel voraus. Hoffen wir, dass die Prognosen diesmal stimmen.

15.11.2022, 0:00, N 26°56.1′ W 16°17.1′, vor der Küste Afrikas
Bei schwachem Wind segeln wir mit unserem 150 m² großen Spinnaker mit immer noch 5 kn Richtung Ziel. Morgens erleben wir einen wundervollen Sonnenaufgang.

Im Laufe des Tages sind noch einige Segelmanöver nötig, wir bleiben aber immer gut in Fahrt. Das ändert sich auch die nächsten paar Tage kaum. Wir haben etwas weniger Wind als vorhergesagt, kommen aber bis jetzt noch ohne Motor aus.

17.11.2022, 6:45, N 23°22.1′ W 19°23′ Während Evelyns Wache kommt das Baggerschiff „Peter Faber“ auf Gegenkurs auf uns zu. Das Schiff führt keine besonderen Lichtsignale und zeigt auch auf dem AIS nichts von einer eingeschränkten Manövrierbarkeit an, macht aber auch keine Anstalten auszuweichen. Schließlich fallen wir etwas ab und verzichten der Sicherheit halber auf unseren Vorrang. Wenig später rauscht das Ding in weniger als 100 m Abstand im Dunkeln an uns vorbei. Wieder sind wir gezwungen, mehrmals die Segel zu wechseln, um den sich laufend ändernden Bedingungen gerecht zu werden. Am frühen Nachmittag biegt sich plötzlich die Angel. Ein Fisch hängt am Hacken. Es dauert eine viertel Stunde, bis ich die Angel so weit eingeholt habe, dass Evelyn den Fisch mit dem Käscher einfangen kann. Wir haben einen wunderschönen Mahi-Mahi gefangen.

Heute Abend gibt es Grillfisch mit Kartoffelwedges und ein Joghurtdip mit Rosmarin und Knoblauch. Das zarte, weiße Fleisch ist ein Gedicht. Der 75 cm lange Fisch garantiert uns drei schöne Mahlzeiten. Mit weniger Aufwand fangen wir auch noch fliegende Fische. Die landen nachts oftmals auf Deck. Jeden Morgen muss ich einige steife Exemplare zurück ins Meer befördern. Die Fische haben sehr viele Gräten und einen strengen Geruch, eignen sich deshalb höchstens als Köderfische, aber kaum zum Verzehr.

18.11.2020, 0:00, N 22°11.7′ W 20° 13.6′, noch ca. 400 nm bis zu den Kapverden
Der Wind legt langsam zu, wir werden schneller. Leider werden auch die Wellen laufend höher. Glücklicherweise segeln wir mit raumem Wind. D.h. Wind und Welle kommen fast von hinten. So bleibt das Boot relativ ruhig, und wir können nebenbei Kochen, Essen und unseren gewohnten Tätigkeiten nachkommen, obwohl die Wellen schon über 2 m Höhe erreichen.

19.11.2020, 0:00, N 20°23.7′ W 21°6.2′, 6 Beaufort
Der Wind hat weiter zugenommen. Wir segeln mit der gerefften Genua mit 6 kn dahin. Für kurze Zeit begleitet uns eine Schule mit Delphinen. Wegen der Bewölkung sind unsere Batterien abends nur zu 90 % aufgeladen. Das sollte aber über die Nacht reichen. Nachdem wir die letzten Tage weder mit eigenen Augen noch auf dem Plotter andere Schiffe gesehen haben, hatten wir heute 2 Sichtungen. Vermutlich Yachten, die auf Parallelkurs laufen. In der Dämmerung begegnet uns eine große Wasserschildkröte, die in Richtung Afrika unterwegs ist.
Der Wind ist böig, die Wellen sind jetzt 3-4 m hoch. Wenn unsere ARIES von einem Wellenkamm ins Wellental rauscht, erreichen wir immer wieder mal Spitzengeschwindigkeiten von mehr als 12 kn. Das ist so ähnlich, wie wenn man mit dem eigenen Haus in der Achterbahn unterwegs wäre …

Überall knackst und knarzt es, aber wir kennen unser Schiff mittlerweile. Das hält mehr aus, als unsere Nerven.
Der Wind, der mit 30+ kn diesmal deutlich stärker ist als prognostiziert, bleibt uns die nächsten Tage erhalten. Das bedeutet für den Autopiloten, der wegen der hohen Wellen dauernd den Kurs korrigieren muss, Schwerarbeit. Wegen der Bewölkung laden sich unsere Batterien nicht vollständig auf. Vielleicht war das auch der Grund, dass der Autopilot während Evelyns Wache ausfällt. Bis ich aus dem Bett im Steuerstand bin und das Ruder übernommen habe, sind wir bereits quer geschlagen und schaukeln auf den Wellen hin und her. Gläser klirren und ein paar Bilderrahmen fallen um, aber zum Glück geht nichts zu Bruch. Evelyns gute Stauarbeit rentiert sich wieder mal. Wir schalten alle Instrumente ab und nach kurzer Zeit wieder ein. Jetzt funktioniert wieder alles. Nach diesen Schreckminuten setzen wir unsere Fahrt wieder auf altem Kurs fort. Der Morgen begrüßt uns mit Sonnenschein, der die Batterien bis Mittag wieder voll geladen hat. Selbst jetzt im November produziert unser Kraftwerk auf dem Dach fast 1 KW Leistung.
Nachdem wir in Spanien keine Flagge der Kapverden bekommen haben, bastle ich selbst eine. Zum Glück hab ich mir gemerkt, wie sie aussehen soll. Auf dem Meer haben wir ja kein Netz und somit auch keinen Internetzugang. Ich entwerfe also die Grafik mit den 5 Streifen und 10 Sternen und drucke einmal wie gezeichnet und einmal gespiegelt aus. Die beiden Ausdrucke verklebe ich miteinander. Jetzt noch eine Klarsichthülle rundum und ein Schnürchen angeklebt, und unsere Gastlandflagge ist fertig. Für die Woche, die wir auf den Kapverden verbringen wollen, sollte das wohl halten …

20.11.2022, 14:00, N 17° 54.4, W 24°5.2′, noch ca. 80 nm bis Mindelo.
Mittlerweile sind wir von anderen Yachten umringt. Die „Skyfall“, „Jest X“, „Carmelan“, „Paper Moon“, „Tulkas“ und „Translated 9“ segeln auf Parallelkursen Richtung Kapverden. Wir sind allerdings ein bisschen schneller. 😉

21.11.2020, 4:45 Ankern in der Hafenbucht von Mindelo. Die letzten Stunden waren noch anstrengend. Die hohe Welle macht es schwierig einen raumen Kurs zu halten, bei dem der Wind fast genau von hinten kommt. Bei bis zu 30 kn Wind waren wir bis zum Cap immer mit über 6 kn unterwegs. Alle andern Boote, deren Kurs sich unserem vor der Einfahrt zwischen den beiden Inseln angenähert haben, haben wir in den letzten Stunden einige Meilen abgenommen und gehen quasi als „Erste“ durchs Ziel. Die Zahl der guten Ankerplätze vor der Marina sind beschränkt – da kann es von Vorteil sein, wenn man etwas vor den andern ankommt. In nicht ganz 7 Tagen sind wir 873 nm (ca. 1600km) gesegelt. Mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 5.4 kn ist das eine der schnellsten Langstreckenpassagen, die wir bis jetzt gesegelt sind, und außer den Motoreinsätzen für die Ankermanöver haben wir keinen Diesel verbraucht, und damit auch keine Schadstoffe emittiert! Wir klaren das Tauwerk und verräumen die Instrumente, dann geht es ins Bett. Endlich mal wieder ruhig schlafen!


Gegen 9:00 – wir sind gerade aus dem Bett gekrochen – kommt die Harbour Police – und bittet uns freundlich aber bestimmt, unseren Platz zu verlassen, weil hier größere Schiffe durchfahren müssten. Wir können es zwar nicht ganz glauben, weil gleich hinter uns das Wrack eines alten Frachters liegt, kommen aber der Bitte gerne nach. Jetzt wo es hell ist, können wir näher am Ufer ankern und brauchen dann nicht so weit zu fahren, um mit dem Dinghy an Land zu kommen. Bis wir für den Landgang abfahrbereit sind, ist es fast Mittag – hier, wegen der Zeitverschiebung nach Westen, zum Glück eine Stunde früher. Wir spazieren vom Dinghydock in der Marina bis zum Porto Grande und besuchen das Büro der Policia Maritimo. Ein freundlicher und hilfsbereiter Beamter bittet uns das Anmeldeformular auszufüllen, und um eine Crewliste und die Schiffspapiere. Die Crewliste wird mit den Pässen gegengecheckt, die Schiffspapiere werden bis zum Ausklarieren einbehalten. Wir haben für solche Fälle eine gute Kopie auf einem etwas festeren Papier und froh die abgeben zu können, auch wenn wir nicht glauben, dass wir unsere Papiere nicht zurückerhalten würden. Anschließend lassen wir im Einwanderungsbüro (Migration) noch unsere Pässe abstempeln und sind nach einer halben Stunde und ohne einen Escudo bezahlt zu haben, einklariert. Da haben wir schon wesentlich mehr Bürokratie erlebt.
Nachdem die offiziellen Gänge erledigt sind, spazieren wir ein bisschen durch den Ort. Die netten Parks sind schön angelegt, gepflegt und sauber, die Straßen in gutem Zustand und die Häuser schauen modern oder restauriert aus. Es gibt noch zahlreiche hübsche Hinterlassenschaften der portugiesischen Vergangenheit zu bewundern. Wir finden nette Geschäfte, kleine Bars, Cafés, Restaurants und sogar eine gute Eisdiele. Endlich finde ich ein Paar neue Flip-Flops, die meinen Wünschen gerecht werden.

Wir gönnen uns in einem netten Restaurant noch ein opulentes Mittagessen mit Grillhuhn/Burger mit Patate frites, Bier, 2 Cola und Kaffee und bezahlen umgerechnet 13 Euro. Danach geht es weiter zum Markt. Das Marktgelände ist nett angelegt und in Bereiche für Obst/Gemüse und Güter des täglichen Bedarfs und Kunsthandwerk aufgeteilt. Mittendrin gibt es ein Häuschen mit Gastronomie.

Viele Wände sind mit den typischen weiß und blau glasierten Fliesenbildern verziert, die Motive aus der Vergangenheit der Stadt zeigen. Wer auf der Suche nach einem Mitbringsel ist, findet hier zwischen bunten kreolischen Kleidern und Stoffen, afrikanischen Masken, Korbhandwerk und Schmuck bestimmt etwas Passendes zu günstigen Preisen. Evelyn findet einen tollen Stoff für Polsterbezüge (oder wird es doch ein Rock?). Auf dem Rückweg kommen wir noch beim Künstlerviertel vorbei und finden direkt am Ufer auch noch den Fischmarkt, der – jetzt am Nachmittag – allerdings schon schließt. Wir erledigen noch ein paar Einkäufe im Supermarkt, bevor wir uns auf den Rückweg zur Marina machen. Dort angekommen, können wir nicht widerstehen, uns auf der Floating-Bar noch einen Drink zu gönnen.

Hier gefällt es uns. Das Wetter ist ganzjährig gut, die Leute super freundlich und hilfsbereit und das Leben günstig. Leider sind wir knapp zu spät gekommen, um das Festival mit Ausstellungen, Aufführungen und Konzerten mitzuerleben, das vergangene Woche stattgefunden hat. Vielleicht kommen wir in den nächsten Tagen aber doch noch in den Genuss einer kulturellen Veranstaltung. Die Kapverden bieten in dieser Hinsicht ein reichhaltiges Angebot. Wir werden die Chance nutzen, um die Insel die nächsten Tage noch genauer zu erkunden.

Jetzt geht es aber erstmal zurück aufs Boot und früh ins Bett. Wir müssen etwas Schlaf nachholen 😉

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